Der Rohstoff Kakao ist für viele Entwicklungsländer ein wichtiges Exportprodukt. Mehr als zwei Drittel des auf dem Weltmarkt gehandelten Kakaos stammt aus Westafrika. Der Kakao wird dort überwiegend in kleinbäuerlichen Familienbetrieben angebaut. Dabei herrschen vielfach inakzeptable soziale und ökologische Bedingungen. Die Einkünfte aus Anbau und Ernte der Kakaobohnen reichen oft kaum zum Überleben, Investitionen in effizientere und umweltschonendere Anbaumethoden und Neuanpflanzungen bleiben aus. Dies wirkt sich wiederum negativ auf die Ernteerträge aus. Durch die vorwiegend einseitige Bewirtschaftung werden die Böden ausgelaugt. Hinzu kommen schlechte Marktanbindungen der Bauern sowie lange und teilweise intransparente Lieferketten für die Abnehmer der Kakaobohnen. Viele Kakaobauern geben den Anbau auf und verlassen ihre Farmen. Die niedrigen Erträge und die Dezimierung von Farmen führen auf lange Sicht dazu, dass die verfügbare Kakaomenge immer weiter zurückgeht.
Die Mehrheit der Kakaobauern lebt heute unterhalb der Armutsgrenze von zwei US-Dollar pro Tag. Ein nachhaltiges Wirtschaften ist unter diesen Bedingungen nur schwer möglich. Außerdem arbeiten vielfach Kinder im Kakaoanbau, teilweise, um die Existenz der Familie zu unterstützen – zum Beispiel indem sie Wäsche waschen, Wasser holen oder auf jüngere Geschwister aufpassen – teilweise aber auch auf ausbeuterische Art und Weise. Diese Form der Kinderarbeit ist international geächtet und nicht zu dulden.
Im Fokus der Bemühungen um einen nachhaltigeren Kakaoanbau stehen UTZ Certified und Fairtrade.
UTZ Certified ist ein Programm und Siegel für nachhaltigeren Anbau von Agrarprodukten wie Kaffee, Tee oder Kakao. In einem Multistakeholder-Prozess hat UTZ Certified einen Katalog von Normen aufgestellt, um den Anbau dieser Rohstoffe nachhaltig zu verbessern. Dieser Katalog umfasst Umweltanforderungen und – in Übereinstimmung mit den Mindeststandards der Internationalen Arbeitsorganisation (International Labour Organisation, ILO) – Beschäftigungsaspekte wie Arbeits- und Gesundheitsschutz sowie elementare Menschenrechte. Beispielsweise enthalten die Verhaltensnormen von UTZ Certified explizite Vorschriften, die Kinderarbeit entsprechend der ILO-Konvention Nr. 138 (Minimum Age Convention) verbieten.
Um für die Kakaobauern Anreize zur Teilnahme an der Zertifizierung zu schaffen, arbeitet UTZ Certified in den
Anbauländern mit den dort ansässigen Behörden und Regierungsvertretern zusammen. Weiterhin bietet das Programm
zusammen mit Partnerorganisationen vor Ort Schulungen an, um den Farmern zu zeigen, wie sie die Anforderungen
erfüllen und damit gleichzeitig ihre Situation verbessern können. Für die Zertifizierung müssen im ersten
Jahr zunächst grundlegende ökonomische, soziale und umweltrelevante Kernkriterien erfüllt werden. In den darauf
folgenden Jahren werden die Anforderungen verschärft, so dass eine kontinuierliche Verbesserung der Anbaubedingungen
erzielt wird. Der Fortschritt wird regelmäßig von unabhängigen Auditorganisationen überprüft.
Das Zertifizierungsverfahren gibt den Farmern die Möglichkeit, ihre zertifizierten Produkte bei den mit UTZ
Certified kooperierenden Handelsunternehmen abzusetzen. So können sie effizienter produzieren und für bessere
Produkte höhere Preise erzielen. Die Kakaobauern profitieren somit von höheren Einkommen und besseren Arbeitsbedingungen.
Mit dem Fairtrade-Siegel setzt sich der gemeinnützige Verein TransFair weltweit für gerechte Handelsbeziehungen ein. TransFair gehört zum internationalen Verbund Fairtrade International, in dem Initiativen aus 25 Ländern und die drei kontinentalen Produzentennetzwerke zusammengeschlossen sind. Ziel der Initiative ist es, die Situation der benachteiligten Produzentenfamilien in Afrika, Asien und Südamerika zu verbessern, die Binnenwirtschaft zu stärken und langfristig ungerechte Weltwirtschaftsstrukturen abzubauen. Der direkte Handel mit den Produzenten, langfristige Lieferbeziehungen sowie ein stabiler Mindestpreis, der die Lebenshaltungs- und Produktionskosten der Produzenten decken soll – das sind zentrale Kriterien für die Vergabe des Fairtrade-Siegels. Die Produzenten erhalten einen von Schwankungen des Marktpreises unabhängigen, stabilen Mindestpreis für ihre Ware und verpflichten sich im Gegenzug dazu, die sozialen und ökologischen Fairtrade-Standards zu erfüllen. Damit sie diese Kriterien einhalten können, werden sie von der Dachorganisation Fairtrade International umfassend beraten. Zusätzlich wird eine Fairtrade-Prämie für ökonomische und soziale Entwicklungsprojekte gezahlt, um die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Bauern und Beschäftigten vor Ort zu verbessern. Die Entscheidung über die Verwendung dieser Prämie liegt bei den Produzenten, beispielsweise können damit der Bau einer Schule oder Investitionen in die Infrastruktur finanziert werden. Die Zertifizierungsgesellschaft FLOCERT überprüft regelmäßig, ob Produzenten und Händler die Fairtrade-Standards einhalten und die sozialen, ökonomischen und ökologischen Richtlinien erfüllen. In den letzten Jahren haben sich die Umsätze mit Fairtrade-Produkten verdreifacht, es gibt bereits über 1.000 Produzenten-Gruppen im Fairtrade-System.
Damit noch mehr Kleinbauern und Farmer ihre Lebens- und Arbeitsbedingungen aus eigener Kraft verbessern können, wurden 2014 neue Fairtrade-Programme für Kakao, Zucker und Baumwolle ins Leben gerufen. Anders als beim klassischen Produkt-Siegel, bei dem alle in Fairtrade-Qualität verfügbaren Zutaten in einem Produkt auch Fairtrade-zertifiziert sein müssen, liegt der Schwerpunkt der Fairtrade-Programme auf dem Rohstoffeinkauf. Unternehmen kaufen einen bestimmten Rohstoff zu Fairtrade-Bedingungen ein, den sie in verschiedenen Sortimenten oder in der Gesamtproduktion verwenden. Auf diese Weise schaffen die Fairtrade-Programme neue Absatzmöglichkeiten für Kakao-, Zucker- und Baumwoll-Produzenten. Denn sie ermöglichen es Unternehmen, ihr Engagement für fair gehandelte Rohstoffe kenntlich zu machen. Dadurch steigt die Nachfrage nach fair gehandelten Rohstoffen und die Bauern können höhere Anteile ihrer Ernten zu Fairtrade-Bedingungen verkaufen. Der Fairtrade-Rohstoff Kakao, Zucker oder Baumwolle kann in der gesamten Produktion verwendet werden und ist nicht an eine bestimmte Produktreihe gebunden. Das Programm-Siegel darf nur auf der Verpackung abgebildet werden, wenn die für das Produkt benötigte Rohstoffmenge zu 100 Prozent zu Fairtrade-Bedingungen eingekauft wurde.
Für alle Zertifizierungssysteme gilt: Die Zertifizierung allein bietet keine vollständige Sicherheit, dass die zugrunde liegenden Normen stets gelebt werden; sie stellt zunächst nur eine Momentaufnahme dar. Festgestellt wird darin lediglich, dass die untersuchten Betriebe zum Zeitpunkt der Überprüfung die Normen eingehalten haben.
Neben dem Problem der Momentaufnahme ist es zurzeit häufig noch schwer möglich, die Trennung (Segregation) von zertifiziertem und nicht-zertifiziertem Kakao entlang der gesamten Lieferkette zu garantieren. Hierfür müssten die zertifizierten von den nicht-zertifizierten Rohstoffen ohne jegliche Ausnahme in der gesamten Wertschöpfungskette voneinander separiert werden – über Sammelstellen hinweg bis zum Transport und der Produktion. Die Warenströme sind jedoch oft zu komplex und die Kosten für eine konsequente Segregation unangemessen hoch.
Ein Beispiel für den Ablauf konsequenter Segregation ist die Fairtrade-zertifizierte Kooperative Kuapa Kokoo Farmers Union (KKFU) aus Ghana, von der die Kakaobohnen für die Fairtrade-Schokolade mit dem PRO PLANET-Label stammen: Die Kooperative ist unter ghanaischem Recht auch als Kakaoaufkäufer akkreditiert und erwirbt die Kakaobohnen für die PRO PLANET-Schokolade zu einem von Fairtrade definierten Mindestpreis von den zertifizierten Bauern und lagert sie zunächst in kleinen Lagerhäusern. Daraufhin wird die Ernte von der staatlichen ghanaischen Kakaobehörde Cocobod in verschiedenen Qualitätsstufen zugeteilt, aufgekauft und in einem speziellen Depot im Hafen Tema separat gelagert. Aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen in Ghana ist es dem Lieferanten nicht möglich, direkt bei der Kooperative einzukaufen, da alle Handelsaktivitäten über das staatliche Unternehmen Cocobod abgewickelt werden müssen. Ein niederländischer Zwischenhändler erwirbt die Kakaobohnen bei Cocobod und liefert sie an das Lager des Lieferanten in Amsterdam, wo sie gereinigt und anschließend zu dessen Schweizer Produktionsstätte transportiert werden. Der Lieferant kennt demgemäß alle an der Lieferkette der zertifizierten Kakaobohnen beteiligten Akteure. Auf Grundlage einer gemeinsamen Grundsatzvereinbarung mit Kuapa Kokoo stellt der Lieferant außerdem sicher, dass gemäß der Fairtrade-Standardvorschrift die von ihm gezahlten Fairtrade-Prämien bei der Kooperative ankommen.
Um trotz dieser komplexen Warenströme und der nur schwer möglichen Segregation die Nachfrage nach zertifiziertem Kakao zu fördern und damit Verbesserungen im Kakaoanbau und der Lieferkette anzustoßen, wird bei den PRO PLANET-Produkten als Übergangslösung das Verfahren der sogenannten Massenbilanzierung angewendet, welches sowohl UTZ Certified als auch Fairtrade heranziehen: Hierbei wird für jedes Kilogramm Kakao, das die REWE Group benötigt, die gleiche Menge Kakao von einem zertifizierten Kleinbauern angebaut und verkauft – allerdings ist ein physischer Identitätsnachweis des zertifizierten Kakaos in den kakaohaltigen Produkten mit dem PRO PLANET-Label nicht möglich. Die Massenbilanz stellt jedoch auch sicher, dass dieselbe Partie Kakao nicht mehrmals als ‚zertifiziert' vermarktet wird, und stützt damit die Nachfrage nach zertifiziertem Kakao.
Dies bedeutet, dass trotz des Kaufs und Anbaus zertifizierten Kakaos der tatsächlich verarbeitete Kakao auch aus herkömmlichen Anbaubetrieben stammen kann. Die REWE Group ist sich dieses Problems bewusst und gibt sich mit den genannten Maßnahmen nicht zufrieden: Sie sieht in der Zertifizierung und der Massenbilanzierung lediglich einen ersten Schritt und verfolgt auf dem Weg zu einer breit angelegten Verbesserung der Verhältnisse im Kakaoanbau eine umfassendere Strategie.
Die REWE Group hat eine "Leitlinie für Kakaoerzeugnisse" entwickelt. Diese schreibt vor, dass für alle REWE Group-Eigenmarkenprodukte zu klären ist, wie und bis wann eine Umstellung auf nachhaltiger erzeugten Kakao erfolgen soll. 2016 betrug der Anteil an zertifiziertem Kakao 94 Prozent, 2017 konnte der Anteil nachhaltigeren Kakaos auf 99 Prozent gesteigert werden. Die REWE Group arbeitet gemeinsam mit ihren Lieferanten daran, das letzte Prozent zur Vervollständigung der Ziele zu erreichen. Vor allem die Umstellung von kleinen Mengen der Gesamtproduktion auf zertifizierte Ware ist eine große Herausforderung für einige Lieferanten.
Zusätzlich zu dem Einsatz von Zertifizierungssystemen für eine verantwortungsvolle Produktion in den Erzeugerländern
will die REWE Group den Handel nachhaltigeren Kakaos in den Abnehmerländern stärker fördern. Hierzu hat sie
sich für die Gründung eines Forums privater und öffentlicher Akteure eingesetzt: Das "Forum Nachhaltiger Kakao" ist ein breites Bündnis aus Unternehmen, Verbänden, Bundesministerien, Forschungseinrichtungen,
standardsetzenden Organisationen und Nichtregierungsorganisationen. In ihm kommen Beteiligte aus dem ganzen
Kakaosektor zusammen: von der Beschaffung und Verarbeitung des Rohstoffs – der Kakaobohne – bis zum Einzelhandel.
Die Mitglieder des Forums setzen sich gemeinsam dafür ein, die Situation der Kakaobauern in den Anbauländern
zu verbessern und einen nachhaltigen Anbau der Kakaobohnen zu fördern. Dazu unterstützen sie die Kakaobauern
auf ihrem Weg zu einem nachhaltigeren und professionelleren Kakaoanbau.
Die Schirmherrschaft haben das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) sowie das Bundesministerium
für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ). Koordiniert wird das Forum Nachhaltiger Kakao über
ein Sekretariat, das bei der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) angebunden ist.